calle animada. Spanisch. Belebte Straße.
Liegt es am südlichen Klima, an der Sonne und Wärme, liegt es an der Ausnahmesituation des Urlaubs, den wir alle so gerne in Italien, Spanien, Griechenland oder Südfrankreich verbringen, so dass wir Zeit haben zur Muße, zum Schlendern, Sehen und einfach Genießen, dass wir nun die Straße als einen Raum wahrnehmen, der uns allen gehört, in dem wir uns aufgenommen fühlen, der auch uns, dem Fremden und Besucher gehört, der uns teilnehmen lässt am Leben der anderen, derjenigen, die diesen über Jahrhunderte geschaffen haben, dort zu Hause sind und uns willkommen heißen oder zumindest tolerieren, hinnehmen solange wir nicht in Massen auftreten als Hundertschaften von Touristen, die Stadt und Land überschwemmen, die Straßen und Plätze überfüllen und den seit Zeiten eingespielten Alltag mit seinen Darstellern aus der Stadt hinauspressen, in die Nebenstraßen oder Vororte vertreiben und nur noch diejenigen zulassen, die sich und uns ein Geschäft versprechen, mit den suchenden Fremden, welche gebündelt und geführt wie eine Herde Vieh und von Kirche zu Kirche, von Palast zu Palast ziehen, um sich auf diesen Wegen Waren anbieten zu lassen, Blusen und Röcke, Kopftücher und Schals, Hüte und Handschuhe, obwohl das meiste importiert aus China, Vietnam oder einem anderen Land im fernen Osten, Dinge, die jeder in seiner Heimatstadt finden kann, dort aber kaum achtet in den alternativen Läden mit ihrem Hauch der Armut einer dritten Welt, falls wir nicht sogar hier im Süden die modernen Einkaufsstraßen suchen, die Luxusläden mit den Luxusartikeln dieser Welt, den Markenprodukten, die alle Touristen aus ihrem eigenen Land kennen – liegt es also nur in dem Fremdsein, dem unbefangenen, unvoreingenommenen Blick, der Langeweile eines Urlaubstags, dass wir die Zeitlosigkeit des Lebens hier, in der Fremde, die tägliche zuverlässige Wiederholung alltäglicher Arbeit genießen, uns vor und in ihr zu Hause fühlen und Teil werden einer kleinen Geschichte, von der wir annehmen können, dass diese auch morgen, übermorgen, im nächsten und übernächsten Jahr sich wiederholen wird und wir uns so in Zeit und Raum verankert fühlen?
Es sind nur ein paar zufällige Bilder, so zufällig, wie eben das Leben in den Straßen sich darstellt. Es gibt auch keine Systematik, keine Thematisierung. Das Leben ist bunt. So bunt, dass es völlig reicht, dieses schwarzweiß abzubilden, um uns als glücklicher Moment in der Erinnerung zu bleiben. Bilder aus Andalusien, mitgenommen mit dem Smartphone, fast unbemerkt, gestohlene Augenblicke aus Cordoba, Sevilla, Marbella. Touristen. Bewohner. Kinder. Und Tiere. Belebte Straßen. Wir waren ein paar Tage Teil dieses Lebens, Hanne und ich. Calle animada.
Walter Ackers